Warteriche lassen auf sich warten – Heilbronner Stimme

Bücher für Kinder sollen bei Behördenterminen die Langeweile vertreiben

Von Gertrud Schubert, Redakteurin Heilbronner Stimme | Lokales | 9.9.2015

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Xaver (li.) bestückt das blaue Möbelstück. Bürgeramtsleiterin Monika Baumann (re.), Henning Schneider und Barbara Knieling blättern neugierig. Foto: Heilbronner Stimme

HEILBRONN – Lesen ist ein gutes Mittel gegen Langeweile. Deshalb gibt es jetzt auf dem Korridor im Heilbronner Bürgeramt ein Regal mit Bilderbüchern. Es heißt Warterich. Eigentlich sollten gestern fünf solche Bücherregale aufgestellt werden und Heilbronn zur „Warterich-Hauptstadt Deutschlands machen“, wie Barbara Knieling vom Bundesverband Leseförderung sagt. Doch sie muss die örtlichen Geldgeber und Organisatoren auf die kommenden Wochen vertrösten. Vier Warteriche lassen noch auf sich warten.

Das, nicht der Der oder das Warterich? „Das“, würde der Kinderbuchautor Paul Maar sagen, schließlich hat er ja auch „das Sams“ erfunden – und für das Bücherregal in tristen Wartebereichen ein Emblem gezeichnet. Das Warterich eben. Vier neugierige Augen blitzen über ein aufgeschlagenes Buch und muntern auf, mit gemeinschaftlicher Lektüre die Wartezeit zu überbrücken. „Da(s) warte(r) ich“ steckt in dem Kunstwort. Bürgeramtsleiterin Monika Baumann kann sich vorstellen, dass viele Kinder angesichts der schönen Bücher bald fragen: „Warum gehen wir schon?“

„Herr Löwe beim Frisör“, etliche ABC-Bücher, „Jenny ist meistens schön friedlich“ von der beliebten Autorin Kirsten Boie oder auch kurze Gedichte und Geschichten „Kraut und Rüben, kreuz und quer“ von Paul Maar – so ungefähr 20 Bücher stecken in dem Regal. Gisela Eisert und Monika Küstner haben sie als Lesepatinnen im Auftrag der Stadtbibliothek Heilbronn und ihres Fördervereins „Lesen – hören – wissen“ ausgesucht. Unterhaltsam sind die Bücher, kurz genug, um sie beim Warten auch wirklich zu schaffen, ansprechend für Jung und Alt. Barbara Knieling hofft, dass die Bilderbücher besonders „bei buchfernen Familien“ Lesefreude wecken.

Henning Schneider, der Vorsitzende des Fördervereins, schätzt Heilbronn glücklich, dass so rasch Sponsoren gefunden waren, die jeder 675 Euro für ein Warterich losmachten. So wird bald auch in der Ausländerbehörde der Stadt, im Haus der Familie, beim Jobcenter und im städtischen Gesundheitsamt so ein ungewöhnliches Möbelstück stehen. Eine Extra-Bücherspende fürs Regal im Bürgeramt kam von Xaver Schweizer (10): Der Junge hat sich von ein paar Büchern getrennt. Seine Eltern Elke und Alexander Schweizer zählen zu den Sponsoren.

Made in Sachsen: Das Warterich fällt mit seinen zwei blauen Beinen jedem auf. Es kann, was bei seiner Einführung ausprobiert wurde, auch als Rednerpult verwendet werden. Jugendliche im freien Strafvollzug stellen beim Verein Seehaus die Regale her. Das erste kam aus Leonberg, die anderen werden im sächsischen Störmthal geschreinert.

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